Im Prozess seit 2020













Im Prozess seit 2020
„Die politische Krise im Zuge der Pandemie hat bewiesen, mit welcher Gewalt und Ignoranz viele beschworenen Normen in unserer Gesellschaft Menschen ausschließen: [...] Die Norm der Familie und Partner*innenschaft. Die Norm der Kernfamilie als sicheren Hafen. [...] Etwa gleichzeitig wurde von queeren Menschen Kritik an den Regelungen in vielen Bundesländern zur Kontaktbeschränkung an Weihnachten laut: Wenn Menschen nur mit ausgewählten Personen aus ihrem nächsten Familienkreis feiern dürfen, was gilt dann als Maßstab für diese Form der Verbindung? Blutsverwandtschaft - so ganz archaisch? Was ist, wenn ich die Feiertage nicht mit dem grantigen Naziopa, sondern mit meiner besten Freundin verbringen will, mit der ich mein Leben teile? Was ist mit selbst gewählten Familien, Lebensgemeinschaften, die sich der traditionellen Verbindung durch Blutsverwandtschaft und Ehe entziehen?“ 1
Die Kernfamilie wird von der deutschen Gesellschaft als subjektives Wohlbefinden betrachtet und ist eine Institution. Dieses Bild, sowie das politische Interesse an der perfekten Familie ist so tief und fest in der deutschen Gesellschaft manifestiert, dass es alle neuen Familienformen sehr schwer haben Akzeptanz und Anerkennung zu erlangen.
Vertrauen, Loyalität und Ehrlichkeit sind für mich die wichtigsten Elemente einer zwischenmenschlichen Beziehung. Diese Elemente sind nicht zwangsläufig gegeben, sondern müssen sorgfältig aufgebaut und gepflegt werden. Ich suche sie mir in meinen sehr nahen Freund*innenschaften. Diese Personen, mit welchen ich tiefgründige zwischenmenschliche Beziehungen führe und Liebe teile, definiere ich als meine Wahlverwandtschaft.
1 Seyda Kurt, Radikale Zärtlichkeit, S. 18 - 19